Unsere scheue Abby

Abby Abby kam im Oktober 2017 zu uns. Wir haben sie von einem Katzenschutzverein übernommen. Sie war eine dreifarbige Glückskatze, sehr hübsch. Aber leider war sie auch extrem scheu. Wir hatten einen Raum im Untergeschoss für sie hergerichtet, damit sie erst mal ihre Ruhe hatte und sich eingewöhnen konnte. Sehr bald hat sie eine Decke unter dem Bett zu ihrem Lieblingsplatz erkoren. Nur: sie hatte ganz viel Angst vor Menschen und ließ sich nicht anfassen. Sie war wohl von älteren Leuten gefüttert worden, aber ob sie dort auch ins Haus durfte oder gestreichelt wurde, habe ich nicht erfahren können.

Mit dem Fressen hat sie kein Problem, allerdings haben wir sehr schnell festgestellt, dass sie nichts kennengelernt hat - kein Leckerchen, kein Spielzeug. Mit so einer Katze ist es natürlich ziemlich schwierig zu kommunizieren, weil man ihr nichts anbieten kann. Ich habe vorsichtig versucht, mich ihr zu nähern. Dazu bin ich nach dem Füttern in der Nähe geblieben - im Abstand von fünf bis sechs Metern. Und sie kam normalerweise auch nach kurzer Zeit (2-5 Min.) unter dem Bett hervor, schaute ob ich da bin und ging fressen. Ich erzählte ihr, dass sie eine schöne Katze sei und zwinkerte ihr zu. Irgendwann ist sie tatsächlich ein paar Mal auf mich zugekommen, näherte sich bis auf ca. 1,5 m. Aber leider hörte das dann wieder auf.

Mitte Mai 2018 sah es so aus: sie kommt raus, schaut ob ich da bin, frißt, schaut aus der Terassentüre den Vögeln zu und verschwindet nach ein paar Minuten wieder unter dem Bett. Während des Fressens ist sie sehr nervös und sieht immer zu mir hin.

Abby draußen Als ich den Eindruck hatte, dass die Katze keinen Fortschritt mehr macht, sondern sich immer mehr zurückzieht, wollte ich Abby mehr Freiraum geben. Auch weil sie öfter miaute und ganz offensichtlich raus wollte. Immerhin hatte sie jetzt schon seit ungefähr elf Monaten keinen Freigang mehr genossen. Für eine Katze, die wahrscheinlich immer im Freien gelebt hat, ist dies eine sehr lange Zeit.

Also habe ich ihr Abends die Terassentüre aufgelassen und sie hat die Gelegenheit ergriffen. Natürlich habe ich ihr eine Futterstelle eingerichtet und auch einen großen Karton mit einer Decke hingestellt. Aber zunächst war nicht klar, ob sie das annimmt. Erst nach fünf Tagen habe ich sie wiedergesehen. Sie war gerade mit Fressen fertig, als ich zufällig in ihr altes "Wohnzimmer" kam. Und da stand sie - schaute mich durch die Terassentüre an und zwinkerte mir zu. Ich war natürlich hin und weg.

Dann habe ich versucht, ihr Vertrauen zu gewinnen und sie dazu zu bringen, freiwillig wieder ins Haus zu kommen. In der Hoffnung, dass mir das bis zum Herbst gelingt, damit sie den Winter bequem verbringen kann. Ich wollte sie also in ihrem alten Zimmer füttern. Erst stand das Futter auf der Terasse, dann immer näher zur Türe hin, schließlich auf der Innenseite der Terassentüre, also im Zimmer. Aber dies war das Beste, was ich erreichen konnte. Abby wollte einfach nicht uns Menschen vertrauen und auf keinen Fall im Zimmer bleiben. Eines Tages fiel versehentlich die Terassentüre zu und die Katze drehte fast durch. Voller Panik versuchte sie ins Freie zu kommen.

Abby frisst Nach einigen Monaten gab ich auf, auch weil diese Art der Fütterung sehr viel Zeit in Anspruch nahm. Abby kam nicht einfach, wenn man sie rief, sie kam dann, wenn sie Lust dazu hatte. Häufig versuchte ich, sie aus dem Nachbarsgarten zu locken und erntete - nichts! Sie reagierte nicht, schaute nicht, lag nur da und döste in der Sonne. Geschlafen hat sie zu dieser Zeit auf dem Balkon unserer (katzenlosen) Nachbarn, da sie die von mir gebaute Hütte nicht mochte. Ich habe unseren Nachbarn eine große Plastikkiste und einen weichen Bettbezug als Unterlage gegeben und bin ihnen sehr dankbar, dass sie Abby toleriert haben.

Zum nächsten Winter hin habe ich einen neuen Versuch gemacht: Offenbar mochte diese Katze ja Plastikkisten, also habe ich ihr noch eine schöne große besorgt, mit Deckel. Eine Türe in eine Seite gesägt und die Kiste isoliert mit Styroporplatten. Dann noch ein Badetuch als Unterlage, das war zumindest wärmer als die offene Kiste, die sie sonst hatte. Abby hat ihre Kiste zunächst einmal nicht bezogen, denn sie stand ziemlich nah bei unserer Haustüre. Dort war es regen- und windgeschützt, aber auch viel zu nah an diesen unheimlichen Menschen. Glücklicherweise war der Winter aber recht mild. Erst im Sommer danach hat sie sich getraut, uns näher zu kommen und so wurde die Ecke neben unserer Haustüre zu Abbys kleinem Reich mit ihrer Kiste, einer Decke davor und Fressplatz. Als Leckerchen bekam sie Katzenmilch, weil sie die einfach sehr gerne mochte. Außerdem habe ich ihr Geflügelfleisch gekocht, das sie zusätzlich zu ihrem Katzenfutter sehr gerne gefressen hat.

Abby Trotzdem blieb Abby ein Streuner, der auch mal ein paar Tage unterwegs sein konnte und mich immer mit der Frage zurücklies, ob ich sie wiedersehen würde. Und eines Tages Anfang März 2021, als es die ersten wärmeren Tage gab, war das auch der Fall. Abby ging auf einen Streifzug und kam nicht mehr nach Hause.

Aber auch wenn ich diese Katze nie streicheln konnte - bei jedem Annäherungsversuch lief sie sofort weg - habe ich mich gerne um sie gekümmert. Ich bin sicher, sie war zufrieden bei uns, denn sie konnte das Leben führen, das sie wollte.